Die Dragon Days auf der Comic Con Germany

Ich hatte eigentlich schon lange einen smarten und lustigen Einstieg im Kopf vorformuliert für diesen Comic Con Blogartikel, aber dann stand am Wochenende auf einmal Captain Reynolds neben mir und hat mich kurz angeschaut, und jetzt ist alles weg. Leider auch der Cap, der ziemlich schnell von seiner Crew zurück zur Serenity gebracht wurde (mein Glaube an Season 2 ist ungebrochen!!!). Naja. Jetzt muss also die Geschichte, wie ich nicht mit Nathan Fillion geredet habe, als Einstieg herhalten. Die hat zumindest den Vorteil, dass sich sehr viele andere Comic Con Besucher mit ihr identifizieren können…

Die Comic Con hatte neben Nathan Fillion nämlich noch so viel zu bieten, dass jedes Gespräch mit ihm wahrscheinlich nach zwei Sekunden mit einem „OH HEY da steht Chewbacca/Sailor Moon/ Mad Hatter!“ geendet hätte. Neben unfassbaren Cosplays aus Games, Anime, Comics und Serien glänzte das Messegelände Stuttgart am 25. Und 26. Juni nämlich auch mit einer hochkarätigen Zeichnergallerie, einem tollen Bühnenprogramm und massenhaft Merchandise zu den verschiedensten Nerdthemen. Da konnten die Dragon Days, Stuttgarts erstes und einziges Fantastikfestival natürlich nicht weit sein! Untergebracht in der wunderbaren Lounge der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart (Klimaanlage! Kaffee! PC-Spezialisten!) haben die Dragon Days zusammen mit dem besten Team der Welt ein fulminantes Programm aus Livezeichnen, Präsentationen, Nerdquiz und Glücksraddrehen mit tollen Preisen, und Poetry Slam auf die Beine gestellt.

Samstag, der 25.06.

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Am Anfang war Chaos. Auf der ComicZone Bühne in der Haupthalle der Comic Con mussten irgendwie Tische her, Stühle, Mikros, Kameras, etc. Die Dragon Days hatten nämlich in Kooperation mit den Stuttgarter Slampoeten Hanz und Nikita Gorbunov einen Nerdpoetryslam inklusive Zeichenbattle erdacht: in schönster K.O.-Rundenmanier traten immer ein Poet mit einem Zeichner gegen ein anderes Team an. Während Nik Salsflausen also zum Beispiel wichtige philosophische Fragen stellte wie „Hat der Mann im Flagturm eigentlich Hosen an?“  und „Wenn es ein Jesus RPG geben würde, könnte man die Bergpredigt dann gewinnen wenn man skill points immer nur auf Stärke und nie auf Charisma gesetzt hat?“, zeichnete Bene Hummels im Hintergrund dazu. Während Peter Parkster aus Nürnberg dazu riet, im Fitnessstudio keine Hulk-Witze in ‚deine Mudda‘ Witze zu verwandeln um das Eis zu brechen, zeichnete Duke (der mit dem coolen 4-farbigen Magicstift, hat nicht jeder!) fantastische Bilder. Mit Slammerin Eva Steppkes und Künstler Sua wurde es dann nochmal poetisch, bevor sich die zwei Künstler Calvin und Nikolas zum Malen aneinander ketteten und Nik Salsflausen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Ikearegalen und Frauen beleuchtete. Und weil er dabei irgendwie trotzdem charmant und erfolgreich war, bestätigt sich langsam der Verdacht dass die Comic Con ein spezieller Ort ist, an dem Verrücktes völlig normal ist.

Wie um den letzten Punkt zu unterstreichen, versperrt erst mal ein 2,5m großer Transformer den Weg zurück zur Dragon Lounge. Man will sich vorbei drängeln, erschrickt sich vor der Tatsache dass da jemand drin sitzt, und ist jetzt wahrscheinlich auf ca. 50 Fotos mit einem verstörten Gesichtsausdruck im Internet zu finden. Cosplay ist schon krass! Vor der Lounge sitzen viele Menschen und hören dem Nerdquiz zu, dass sich am Glücksrad abspielt. In der Lounge selbst füllen sich langsam die Plätze während die Kaffeekannen sich leeren: das Everlab „Transmedia & Comic“ mit drei Mitgliedern der Ludwigsburger Kreativagentur Pixelcloud steht an. Nachdem kurz nochmal der Begriff ‚Transmedia‘ erklärt wird, startet Marcel Durer mit seinem Projekt Pudelskern und bohrt erst mal ganz tief in den Traumawunden der Deutschpflichtlektüre. Effi Briest! Kleist! Schiller, immer wieder Schiller! Doch es gibt Hoffnung: Pudelskern hat zusammen mit dem Klett Verlag eine smarte Methode gefunden, um verstaubte Pflichtlektüre lustig zu gestalten — kurze, leicht ironische, und liebevoll gestaltete Comics erzählen die Geschichte zielgruppenorientiert nach, begleitet von wertvollen Begleittexten und Lernmaterialien. Christoph Rasulis beweist danach dass auch Philosophie Spass machen kann: In ‚Phi‘, einem Webcomicprojekt aus Frankreich, werden bekannte Philosophen wie Nietzsche, Descartes, Kierkegaard und Sartre in eine verrückt-wunderbare Fantasywelt geworfen. Mit charmanten biographischen Anspielungen und smarten Einbindungen der philosophischen Lehren der Protagonisten kann also auch schwere und hochtheoretische Ideengeschichte lustig sein… Zehntklässler müsste man nochmal sein! Jonas Kirchner, seines Zeichens Gründer von Pixelcloud, beendet die Präsentationsrunde mit dem lokalen VR-Projekt Koshu. Basierend auf dem gerade entstehenden, gleichnamigen Comic von Verena Klinke und Felix Mertikat, soll es zusätzlich zum Printprodukt ein Virtual Reality Escape Room Spiel geben, welches von mehreren Pixelcloud Mitgliedern und dem Comic Team produziert wird. Es erwarten uns also 3 spannende Projekte die die Grenzen zwischen Medien überschreiten.

Den krönenden Abschluss des Dragon Lounge Samstag gab dann noch Adroth A. Rian, aka an diesem Tag als Professor Chaos, die Goblins zeichnete. Aber nicht irgendwelche Goblins! Nein, durch Zurufe des Publikums konnte die Zeichnung jederzeit verändert werden. So entstand zum Beispiel eine Goblindame mit Afro, „zarten, geschwungenen Lippen mit leichtem Bartschatten“ und einem La Familia Tattoo (soll nochmal einer sagen Nerds haben keinen Geschmack), und ein süßes, magisches Einhorn dass aussieht als hätte es ein dunkles Geheimnis – genau, überlegt ihr mal wie ihr das gezeichnet hättet. Improzeichnen 2.0 auf ganz hohem Niveau!

Sonntag, der 26.06.

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Morgens ist der Weg zur Lounge wieder versperrt mit Leuten, die vor dem Nerdquiz Glücksrad sitzen und zuschauen. Sitzen die immer noch da, oder schon wieder? Drinnen ist auch nicht weniger los, aber es gibt es guten Kaffee. Es werden Orks gezeichnet, anthropomorphe Pferde, Prinzessinnen. Im Hintergrund läuft Hulk vorbei und redet mir Prinzessin Peach, eine Horde Fotografen drängt sich um eine Cosplayerin, die Mystique im Ganzkörperkostüm inklusive Baby- Nightcrawler trägt. Man könnte sich eigentlich einen Platz suchen, und einfach nur das bunte und verrückte Treiben beobachten, Cosplays raten und Nerdquizfragen hören… aber die Arbeit ruft: in der Dragon Lounge muss umgebaut werden. Die deutsche Division der 501st Legion, Deutschlands größten imperialen Kostümclub, zeigt live wie man ein Stormtrooperkostüm selbst macht und anzieht… das ist nämlich alles gar nicht so einfach. Tobias Frisch erzählt von den Mindeststandards, die erbracht werden müssen um in die 501st Legion aufgenommen zu werden, und die Schwierigkeiten, die CGI für Cosplayer bringen. Klar, wenn eine Rüstung animiert wird, interessiert es nicht mehr, ob das dünne Armteil auch tatsächlich über eine Hand gestreift werden kann, oder ob eine Naht das ganze zusammenhalten muss. Trotzdem wächst die Legion vor allem in Deutschland rasant an, auch im Publikum der Dragon Lounge finden sich Interessierte. Der arme Trooper, der schließlich im schwarzen Unterkleid vor der vollen Lounge steht, beginnt sich anzuziehen, von den Beinteilen aus aufwärts. Ab den Oberschenkeln geht es fast nicht mehr alleine: sobald der Panzer für den Torso angelegt wird, muss ein Helfer entweder halten, beim balancieren helfen, gucken, ob die Verschlüsse zu sind und nichts rutscht. Bücken geht nicht mehr, also besser alle weiteren Teile vorher auf Bauchhöhe deponieren und nichts fallen lassen! Und spätestens wenn der Helm auf ist, sollte eine vertraute Person dabei sein: die Lakaien des Imperiums hören schlecht, sehen wenig, und können sich nur eingeschränkt bewegen. Dafür sehen sie klasse aus, und wenn die Gesellschaft uns eins gelehrt hat, dann dass das ja am wichtigsten ist. Dem Publikum der Dragon Lounge jedenfalls hat es gefallen, und viele Fotos und Nachfragen sind der Dank.

Eigentlich ist es danach noch viel zu früh, aber die Comic Con fängt langsam an abzubauen, und so auch die Dragon Lounge. Schade, dass es so schnell vorbei ist, die Masse an Gästen aus Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, etc, beweist mal wieder wie dringend Anime-, Comic- und Fantasyfans Conventions wie diese brauchen. Das ist längst keine unbedeutende Randgruppe mehr und fähig, mehr Hallen als die der Messe Stuttgart zu füllen. Zum Glück steht das Datum für 2017 schon: die Dragon Days werden auch wieder mit dabei sein! Mit besonderem Dank an das weltbeste Team und die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart kümmern wir uns jetzt erst mal darum, den Transporter wieder freizuräumen.

  • geschrieben von Dominique